KRISE ALS CHANCE

Pandemie, Krieg, Inflation, Waldbrände in halb Europa als Zeichen des schwelenden Klimawandels, Energie- und Rohstoffpreise, die völlig aus dem Ruder laufen, und Lieferketten, die keine Ketten mehr sind, weil essenzielle Glieder weggebrochen sind – die letzten Jahren stehen wahrlich unter dem Zeichen der Krise, und wenig spricht dafür, dass sich die Lage in naher Zukunft an irgendeiner dieser Fronten entspannen könnte.

Vielmehr ist damit zu rechnen, dass die neuen Rahmenbedingungen einer Welt im Umbruch ihre Wirkungen auf die Wirtschaft erst jetzt so richtig entfalten. Als bestes Beispiel - und mit besonderem Bezug zur energie- und finanzintensiven Immobilienbranche - sind die konkreten ökonomischen Folgen der Klimakrise hervorzuheben. Stichwort ESG. Der Druck steigt von allen Seiten, politisch und regulatorisch ausgehend von der EU-Taxonomie, die im Rahmen des europäischen Aktionsplans zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums (EU Action Plan on Sustainable Finance) die neuen Regeln der Nachhaltigkeit definiert.  Die Risiken der Fehlinterpretation, die die ESG-Regulatorik mit sich bringt, sind enorm, die Schwierigkeiten bei der strategischen Implementierung von ESG-Kriterien dementsprechend. ESG-Aspekte zählen zweifellos zu den stärksten Treibern mit dem größten Einfluss auf die Positionierung und Reputation von Unternehmensmarken, aber auch das Thema Employer Branding hat - in Anbetracht von Wettbewerbsverschärfung und einer Generation von jungen Talenten mit neuen Ansprüchen an den Arbeitsplatz – massiv an Schwerkraft zugelegt.

Wer als Unternehmen das Krisengerede zu lange für übertrieben hielt und in starren Geschäftsmustern verharrte, ist möglicherweise nicht mehr auf dem Markt – oder zumindest in einer Position mit denkbar schlechter Perspektive. Gefordert ist die Flexibilität, die Positionierung kritisch zu überdenken und neu zu bestimmen. Was es dafür braucht, sind zum einen Daten, Daten, Daten – über den veränderten Markt und über die Stärken und Schwächen der eigenen Stellung im Vergleich zu Wettbewerbern. Es geht um das forschende Abgleichen von Selbst- und Fremdbild, auf der Basis einer datengetriebenen, ökonomisch fundierten Analyse von Ist und Soll. Die Digitalisierung liefert dafür die nötigen Tools. Wer diese nicht nutzt, steht auf verlorenem Posten - wer sie als alleiniges Allheilmittel ansieht, allerdings auch.

Denn digitale Effizienz ist niemals alles. Nicht Maschinen und Computer sind diejenigen, die Problemlösungen oder neue Geschäftsmodelle entwickeln. Selbst in einer digitalisierten Welt sind immer noch Menschen die Enabler. Es waren keine Algorithmen, die Pandemie, Krieg, Inflation und Klimawandel ausgelöst haben - und es werden keine Algorithmen sein, die diese Krisen beenden werden. Am Anfang, am Ende und mittendrin sind es Personen und Persönlichkeiten mit ihren individuellen Perspektiven, Emotionen, Schlussfolgerungen und Handlungen, die bei gleichen Rahmenbedingungen zu unterschiedlichen Lösungswegen finden. Daten sind und bleiben ein Mittel zum Zweck. Nur wer diese Erkenntnis im Geschäftsalltag zu nutzen weiß, hat überhaupt die Kapazität, eine Krise als Chance zu deuten.

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KOMMUNIKATIONSLEHR-BEISPIEL IN DER POLYKRISE